Über Melderegisterauskünfte an Parteien

Alessa Flohe

Am 13.09. sind Kommunalwahlen, und das macht sich langsam bemerkbar. Ob Infostände, Plakatierung, Flyeraktionen oder vermehrte Präsenz auf Social Media: Es ist Wahlkampf.

Und einige von euch – gerade die Erstwähler – hatten möglicherweise einen personalisierten Brief im Briefkasten.

Aber Moment mal? Woher haben die Parteien eigentlich diese Daten? Seitdem die Übergangszeit zur Datenschutzgrundverordnung 2018 entgültig abgelaufen ist, stieg die Sensibilität für den Datenschutz innerhalb der Bevölkerung merklich an.

In meiner Funktion als behördliche Datenschutzbeauftragte erhalte ich immer wieder Anfragen von Bürgern, wieso und in welchem Umfang die Kommune personenbezogene Daten verarbeiten darf, und das vor allem, ohne um Erlaubnis zu bitten.

Kurz und extrem vereinfacht: für die meisten Aufgaben der Kommunen existiert eine Rechtsgrundlage. So auch hier.

Auskunft über Meldedaten nach §50 BMG und §44 BMG erlaubt

Parteien, Wählergruppen und Bewerber dürfen in den 6 Monaten vor der Wahl folgende Daten der Wähler gegen eine Gebühr anfragen:

  • Familienname,
  • Vorname,
  • Doktorgrade,
  • Anschrift,
  • sofern die Person verstorben ist, diese Tatsache.

Es handelt sich dabei um eine sogenannte “Einfache Melderegisterauskunft”, welche durch den §50 Bundesmeldegesetz legitimiert wird.

Wie läuft die Datenabfrage?

Zuallererst: Allgemeine Anfragen sind ausgeschlossen. Die Anfrage muss gruppenweise nach Alter der betroffenen Wähler erfolgen. Ein Beispiel für eine Anfrage wäre: “Alle Adressen der Erstwähler zwischen 18 und 22”.

Die Behörde entscheidet dabei nach “pflichtgemäßem Ermessen”. Das bedeutet, dass die Verwaltung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten prüft, ob und inwieweit sie die Anfrage beantwortet. In dem konkreten Fall bezieht sich die Prüfung dann darauf, ob die Kriterien eng genug gewählt sind.

Wofür dürfen die Parteien die Daten verwenden?

Der Antragssteller muss die Daten einen Monat nach der Wahl löschen und darf sie auch nur zur Wahlwerbung verwenden.

Muss ich akzeptieren, dass meine Daten herausgegeben werden?

Der Übermittlung der Daten kann man widersprechen. Darauf müssen die Kommunen sowohl einmal jährlich durch ortsübliche Bekanntmachung und bei der Anmeldung im Bürgerbüro hinweisen.

Das Problem dabei ist: Obwohl die Kommunen der Informationspflicht nachkommen, wissen viele Einwohner nicht Bescheid. Das führt zu Unmut und Vertrauensverlust gegenüber Politik und Verwaltung.

Gibt es noch weitere Gründe, dass meine Daten herausgegeben werden?

Melderegister Auskünfte können ebenfalls zu festgeschriebenen Ehe- oder Altersjubiläen, Mandatsträgern, Presse und Rundfunk, sowie Adressbuchverlage bei Bürgern ab Vollendung des 18. Lebensjahres erteilt werden.

Aber was hat das mit uns zu tun?

Wir Piraten verteidigen das Recht auf informelle Selbstbestimmung auf allen Ebenen, ob im Stadtrat oder Europaparlament. Mit folgenden Maßnahmen möchten wir dieses Prinzip auch direkt vor Ort für Euch umsetzen:

  • Wir Piraten verzichten bewusst auf den Kauf von Meldedaten
  • Wir fordern, dass die Verwaltung die Weitergabe der Meldedaten in Zukunft freiwillig unterlässt und die Bürgerinnen aktiv auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinweist
  • Die Website der Verwaltung wird modernisiert, damit ihr alle wichtigen Inhalte schnell, barrierefrei und auf einen Blick findet
  • Der Bereich „Datenschutz“ auf der Website der Verwaltung wird um die, die Bürger betreffenden Informationsblätter nach Artikel 13 DSGVO ergänzt. Als Beispiel kann die Kreisstadt Unna hinzugezogen werden
  • Wir fordern regelmäßige Datenschutzschulungen für die Mitarbeiter der Kommunalverwaltung
  • Mittelfristig führt die Kommune ähnlich wie die Stadt Paderborn ein digitales Amtsblatt ein, welches sie den Bürgern kostenfrei zur Verfügung

Zeit für Selbstbestimmung.

Zeit für Piraten.

Über den Autor

Alessa Flohe vertritt die Piratenpartei Kerpen seit 2020 im Stadtrat und ist zusätzlich sachkundige Bürgerin im Ausschuss für Gesundheit, Inklusion, Integration und Verbraucherschutz des Rhein-Erft-Kreises.

Sie ist ausgebildete Fachinformatikerin für Systemintegration, Wirtschaftsjuristin und als behördliche Datenschutz- und Informationssicherheitsbeauftragte bei einem kommunalen IT-Dienstleister angestellt. Ihre Themenschwerpunkte sind Digital- und Jugendpolitik.