Und das soll diese Zukunft sein?

Jannis Milios

Am kommenden Montag wird das Europaparlament aller Wahrscheinlichkeit nach einer Kommissionsvorlage zustimmen, die alle Anbieter digitaler Chatprogramme zu einer umfassenden, automatisierten und anlasslosen Überwachung privater Kommunikation verpflichtet.

Dabei soll künstliche Intelligenz ALLE (ja, auch deine) Chatverläufe auf kinderpornografische Inhalte oder entsprechende Annäherungsversuche an Minderjährige scannen. Bei Verdachtsfällen werden diese VOLLSTÄNDIG an den jeweiligen Anbieter sowie die Strafverfolgungsbehörden übermittelt. So wird der wichtige Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen als Vorwand genutzt, eine letztlich universelle Überwachung digitaler Kommunikation einzuführen. Keine Diktatur dieser Welt, hat je ein derartig massives Abhörprogramm gestartet.

Denn so wichtig der Kampf gegen sexuellen Mißbrauch bleibt: Die für den Scanprozess genutzte Software weißt eine Trefferquote von gerade einmal 14% auf. Von 8.000 im Rahmen eines Testlaufs an Europol übermittelten Chatverläufen enthielten nur rund 137 strafrechtlich relevante Inhalte. Die 7.863 anderen Chatverläufe, oft mit intimsten Inhalten, wurden ohne Wissen der Nutzer von MitarbeiterInnen der Dienstanbieter, sowie den EuropolbeamtInnen gesichtet.

Und das soll die Zukunft der Kriminalitätsbekämpfung sein? Während die katholische Kirche den Justizbehörden einfach die Einsicht in Akten zu Fällen sexuellen Mißbrauchs durch Geistliche verweigern und die Namen von Tätern geheim halten darf, müssen wir alle uns vor der selben Justiz im wahrsten Sinne des Wortes nackt machen. Ohne Verdacht, ohne Ermittlung, ohne richterlichen Beschluss. Die informationelle Selbstbestimmung der BürgerInnen wird damit am kommenden Montag durch Christ- und Sozialdemokraten im EU-Parlament endgültig abgeschafft.

Weitere Informationen erhaltet ihr auf der Themenseite unseres Euopaargeordneten Dr. Patrick Breyer:

Nachrichten- und Chatkontrolle