Stellungnahme zur aktuellen Berichterstattung rund um St. Rochus in Kerpen

Alessa Flohe

bezugnehmend auf die aktuelle Presseberichterstattung zum Thema „Masturbationsräume und Doktorspiele: Ju-gendämter überprüfen Sexualkonzept einer KiTa in Kerpen“ folgende Mitteilung zur Kenntnis:

Bisheriger Umgang mit der Thematik


Die Thematik wurde bereits im November 2023 im Jugendhilfeausschuss der Stadt Kerpen behandelt. Damals gab die Verwaltung zu Protokoll, dass sich die zuständigen Aufsichtsbehörden schon lange mit dem angesprochenen Kon-zept befasst haben und die KiTa dieses überarbeitet. Das „bestehende“ Konzept wurde, damit alle wissen worüber man redet, beigefügt. Dieses Konzept ist daher natürlich noch im Ratsinformationssystem zu finden, nicht, weil es weiterhin Bestand hat, sondern weil es zu den Sitzungsunterlagen gehört. Dieses nachträglich zu entfernen wäre nicht zielführend, da es Bestandteil der Vorlage war und damit Bestandteil der Niederschrift, einer Urkunde, wurde.

Zu „Streichung von der TO durch die Verwaltung“


Der Tagesordnungspunkt wurde nach dieser Beratung von der Tagesordnung des Rates gestrichen. Dies geschah je-doch nicht auf Anweisung der Verwaltung, sondern auf Wunsch bzw. Zusage des Antragsstellers, der AfD, die die The-matik hinreichend beantwortet sah. Die Aussage, die Vorlage wäre durch die Verwaltung von der Tagesordnung ent- fernt worden, ist somit schlichtweg falsch und zeichnet dem Leser gegenüber ein falsches Bild zur Thematik. Es eNot steht damit, wie wir auch in den sozialen Medien sehen, der Eindruck, dass die Verwaltung diesem Thema aus dem Weg zu gehen versuche. Fakt ist, dass die Verwaltung in der fraglichen Ratssitzung im Dezember mit der AfD Rücksprache hielt und der Tagesordnung bis zur Zurücknahme des Antrages durch die AfD in der Sitzung Bestandteil der öffentlichen Tagesordnung war. Der durch die Berichterstattung erweckte Eindruck widerspricht also klar den tat- sächlichen Gegebenheiten.

Zu „Masturbationsraum“


Auch hat es den angesprochenen „Masturbationsraum“ in der KiTa nie gegeben. Dies wurde im Rahmen einer Begehung festgestellt. Wieso ein Thema, das seit November 2023 zur Zufriedenheit aller behandelt und damit quasi beendet ist, nun im Januar 2024 noch einmal „aufgebauscht“ wird ist fraglich.

Was ist ein solches „Sexualkonzept“ und was tut es?


Der von dem Konzept gezeichnete Eindruck spiegelt ebenfalls nicht die Wirklichkeit wider. Die zugrundeliegenden Erkenntnisse sind evidenzbasiert und in (sexual-)pädagogischen Fachkreisen fern jeglicher Ideologie anerkannt. Lediglich die Formulierung der daraus abgeleiteten Maßnahmen war stark missverständlich, vor allem für Personen ohne einen entsprechenden, pädagogischen Hintergrund. Daher wird das Konzept momentan angepasst.
Zunächst: Wozu ist ein Sexualkonzept, so wie es in Kitas Usus ist, überhaupt da oder gut? Ein Sexualkonzept beinhal-tet Maßnahmen und Vorgehensweisen sich mit fachlich gesicherten Erkenntnissen der frühkindlichen Entwicklung zu beschäftigen. Dazu gehört neben dem Entdecken des Körpers, welcher bei Kindern nicht dem Lustgewinn dient, sondern der kindlichen Neugierde und dem Erleben und Entdecken der „Umgebung“, eben auch die Erziehung und Sensibilisierung von Kindern in solchen Kontexten und die Missbrauchsprävention wie -detektion. Kinder unterliegen einem besonderen Schutzauftrag. Sie benötigen einen besonderen und umfassenden Schutz vor Gefährdungen, sowohl im familiären als auch institutionellen Kontext. Diesem Umstand tragen Konzepte wie diese Rechnung. Diese Konzepte beschreiben die Grundlage gemeinsam abgestimmter Verhaltensweisen und benennen Gefährdungsrisiken, denen entgegengewirkt werden muss. Kindern müssen in ihrer normalen, nochmals: evidenzbasiert festgestellten, Entwicklung entsprechend unterstützt werden.
Körperliche und sexuelle Bildung und Erziehung ermöglicht eine Transparenz „nach innen und außen“, Mitarbeiter und Eltern sind informiert, wie die Teams arbeiten, sie legt eine klare Haltung gegen körperliche/sexuelle Gewalt und Diskriminierung fest, definiert Kompetenzen, Fachlichkeit, Aufgaben und Grenzen der Mitarbeitenden und schafft somit Handlungssicherheit.

Sie sind wesentlicher Bestandteil eines präventiven Kindesschutzes.

Alessa Flohe, Mitglied des Jugendhilfeausschusses

Auch das Erkennen von Missbrauchshandlungen und das Schaffen von Selbstbewusstsein bei den Kindern (was „darf“ sein und was eben nicht, dass Nein sagen dürfen gegenüber Erwachsenen und eben das Mitteilen von Missbrauchstaten) sind wichtig für die kindliche Entwicklung und eben angesprochenen Kinderschutz. Ohne diese Konzepte könnte ein effektiver Kinderschutz nicht stattfinden. Die Mitarbeitenden der Kitas leisten hier einen ungemein wichtigen Beitrag und dürfen nicht Opfer solcher Shitstorms, wie sie nun auf Facebook stattfinden, werden. Umso schlimmer ist es, dass hier der Name der KiTa bekannt, veröffentlicht und nun Monate nach Erledigung des Sachverhaltes neuerlich verbreitet wurde. Es schafft eine besonders prekäre Bedrohungslage den Mitarbeitenden der Einrichtung gegenüber.
Diese Konzepte mögen, gerade für pädagogische Laien, zunächst einmal befremdlich wirken. Eltern sehen Kinder zunächst nicht als sexuelle Wesen an. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es keine kindliche Sexualität gibt mit der man sich auseinandersetzen und die man im Rahmen fest vorgeschriebener Handlungsweisen begleiten muss, auch um ein Bewusstsein für richtig und falsch zu schaffen.

Weiterhin ist es wichtig festzustellen, das statistisch gesehen die meisten Missbrauchshandlungen im häuslichen Umfeld stattfinden. Daher darf ein solches wichtiges Thema nicht alleine im Privaten behandelt werden sondern muss zwingend auch institutionell begleitet und vermittelt werden.

Kinder werden in Kindergärten nicht zu Sexualität ermutigt. Sie werden jedoch den Entwicklungsphasen angepasst begleitet und betreut. Kinder lernen, dass sowohl sie nein sagen können, das es aber auch Grenzen für sie gibt. So lernen Kinder, dass sie sich eben nicht inmitten eines Raumes voller anderer Kinder „entdecken“ sollen, sondern sich dafür zurückziehen können. Dies bezeichnet auch den im Konzept angesprochenen „Raum“, nicht im Sinne eines tatsächlichen Raumes.

Wir müssen Kinder ermutigen und sensibilisieren sich mitzuteilen, wenn ihnen etwas Unrechtes passiert.
Leider findet gerade auf Grundlage des Artikels ein Shitstorm gegen Verwaltung und KiTa-Mitarbeitende statt. Hier ist es angebracht sich schützend vor diese zu stellen.
Ferner rufen wir zur Richtigstellung der Berichterstattung in folgenden Punkten auf:

  • Masturbationsräume hat es nie gegeben,
  • Verwaltung und Politik haben sich mit der Thematik beschäftigt,
  • Nicht die Verwaltung hat den Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung der Ratssitzung entfernt, sondern
    die AfD.

Wir sprechen Eltern, Elternvertretern und den Mitarbeitenden des Kindergartens St. Rochus unsere vollste Solidarität und Unterstützung aus. Ob dieser Shitstorm und die aufgerufene Bedrohungslage den Mitarbeitenden gegenüber dem Kinderschutz so zuträglich ist, darf dabei in Frage gestellt werden.

Über den Autor

Alessa Flohe vertritt die Piratenpartei Kerpen seit 2020 im Stadtrat, wo sie sich der FDP-Fraktion angeschlossen hat und stellvertretende Fraktionsvorsitzende ist. Zusätzlich ist sie als stv. sachkundige Bürgerin im Regionalentwicklungsausschuss des Rhein-Erft-Kreis aktiv.

Als behördliche Datenschutzbeauftragte ist sie firm in Belangen der Verwaltung und hat damit einen guten Einblick, wie man die Kommune voranbringen kann. Nebenher studiert sie Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt Medien- und Internetrecht. Ihre Schwerpunkte sind Netzpolitik und Entwicklung, ihr Hintergrund als Fachinformatikerin liefert dort das notwendige Know-How.