Datenschutz ist Freiheitsschutz

Alessa Flohe

In den Nachrichten geisterten in den letzten Jahren viele abstrakte Begriffe herum…

„Adress-“ oder auch „Datenhandel“ war einer davon. Das ganze hört sich so nach Dark-Net an, nach irgendetwas illegalem in den tiefsten, dunkelsten Sphären des Internets. Auf jeden Fall weit wegen von Kerpen, Elsdorf oder Wesseling.

Und dann ist Wahlkampf, ihr öffnet den Briefkasten und findet ein Anschreiben einer Partei oder Wählergruppe. Mit persönlicher Ansprache, Wahlversprechen, Kontaktdaten und dem Angebot sich ganz unverbindlich kennenzulernen…

Moment. Mit persönlicher Ansprache?!

Datenschutz, das Totschlagargument?

Dabei ist der Datenschutz doch oftmals DAS Totschlagargument von Politik und Verwaltung.

Die Namen im Zusammenhang mit dem Masken-Korruptionsskandal sollen veröffentlicht werden? Datenschutz! Parteispenden in Höhe von 9.999 € pro Person kassieren und dann auf Grund von Transparenz die Spender nennen? Datenschutz!!!11!

Wie kann es sein, das der Datenschutz oftmals DAS Totschlagargument von Politik und Verwaltung ist, Parteien und Wählergruppen aber scheinbar einfach so an Meldedaten gelangen?

Einfache Melderegisterauskünfte sind gesetzlich legitimiert.

Es handelt sich dabei um eine sogenannte “Einfache Melderegisterauskunft”, welche durch den § 50 Bundesmeldegesetz legitimiert wird. Gegen eine Gebühr können unter anderem Parteien Adressdaten kaufen. Weitere Informationen findet ihr in unserem letztes Jahr erschienen Artikel: https://piratenpartei-rhein-erft.de/2020/08/12/ueber-melderegisterauskuenfte-an-parteien/

Der Übermittlung der Daten kann man widersprechen. Darauf müssen die Kommunen sowohl einmal jährlich durch ortsübliche Bekanntmachung und bei der Anmeldung im Bürgerbüro hinweisen.

Das Problem dabei ist: Obwohl die Kommunen der Informationspflicht nachkommen, wissen viele Einwohner nicht Bescheid. Das führt zu Unmut und Vertrauensverlust gegenüber Politik und Verwaltung.

Einer Einwilligung bedarf es nicht.

„Aber Moment mal. Ich muss doch sonst in alles einwilligen?“

Ihr kennt es vielleicht von der typischen Newsletter Anmeldung. Der Klick auf „abonnieren“ reicht hier nicht aus, man muss das Abonnement im Anschluss noch bestätigen. Den Prozess nennt man „double-opt-in“. Und genau dieses Opt-In Verfahren wurde mit Einführung der DSGVO zur Pflicht.

Das Datenschutzrecht schreibt demnach vor, dass der Widerspruch im Datenschutzrecht (das sog. Opt-Out Verfahren) ungültig ist und natürliche Personen nunmehr aktiv in die Datenverarbeitung einwilligen müssen. Neben der Einwilligung kommen aber noch andere Grundlagen für die Verarbeitung von Daten in Betrachtung, die alle in Artikel 6 DS-GVO aufgeführt sind.

Eine davon ist die Rechtsgrundlage, also entweder eine rechtliche Verpflichtung oder ein Anspruch, der aus einem Gesetz hervorgeht. § 50 Bundesmeldegesetz begründet einen solchen Anspruch.

Aber kann das sein? Opt-Out trotz eigentlich festgeschriebenem Opt-In?

Nur, wenn die Maßnahme verhältnismäßig beziehungsweise zu rechtfertigen ist.

Datenschutz heißt Freiheitsschutz – PIRATEN fordern Überarbeitung der Meldegesetze

Wir PIRATEN sehen weder eine Verhältnismäßigkeit noch eine Rechtfertigung in Melderegisterauskünften ohne Einwilligung und fordern daher eine Überarbeitung der Meldegesetze. Wir fordern, das eine solche Datenübermittlung nur auf Basis einer vorher erfolgten, aktiven Einwilligung in die Weitergabe der Meldedaten, erfolgen darf.

„Die Meldegesetze sollen daher konsequent dahingehend überarbeitet werden, dass Meldedaten nicht ohne aktive Einwilligung der Bürgerinnen und Bürger an der Erhebungsquelle (Opt-in) an Dritte weitergegeben werden – dazu gehören z. B. Unternehmen, Adresshändler, Verbände oder Parteien. Eine automatisierte Abfrage lehnen wir ab.“

Aus dem Wahlprogramm der Piratenpartei Deutschland zur Bundestagswahl am 26.09.2021

Gerade in politisch unruhigen Zeiten und einer immer stärker werdenden rechten ist es schlichtweg zu gefährlich, wenn jede Partei gegen eine Gebühr einfach so Daten abfragen kann, und diese Information euch als Bürger nicht erreicht. Zwar müssen diese Anfragen gruppenweise erfolgen, aber das ungefähre Alter einer Person zu schätzen ist unter Umständen nicht schwer. Kennt man dann noch ihren Namen hat man ganz schnell die Meldeadresse. Es gibt gute Gründe, wieso der Datenschutz auf internationaler Ebene sogar als Menschen- sowie Grundrecht anerkannt ist.

Wir sehen keine Rechtfertigung mehr für ein solches Gesetz und die Inkaufnahme solcher Gefahren in Zeiten von Online-Werbung. Auch über Infostände sowie Plakate sind politische Bewerber omnipräsent.

Es gibt so viele Möglichkeiten, auf sich aufmerksam zu machen.

Die Wahl, ob personalisierte Briefe dazu gehören, möchten wir Euch überlassen!

Am 26. September Freiheit wählen. Wählt PIRATEN.

Zu unserem Wahlprogramm:

https://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2021/Wahlprogramm

Muster-Anschreiben für den Widerspruch zur Melderegisterauskunft

https://cloud.piraten-rek.de/index.php/s/SkFkzxsYLXKyPfR

Über den Autor

Alessa Flohe vertritt die Piratenpartei Kerpen seit 2020 im Stadtrat, wo sie sich der FDP-Fraktion angeschlossen hat und stellvertretende Fraktionsvorsitzende ist. Zusätzlich ist sie als stv. sachkundige Bürgerin im Regionalentwicklungsausschuss des Rhein-Erft-Kreis aktiv.

Als behördliche Datenschutzbeauftragte ist sie firm in Belangen der Verwaltung und hat damit einen guten Einblick, wie man die Kommune voranbringen kann. Nebenher studiert sie Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt Medien- und Internetrecht. Ihre Schwerpunkte sind Netzpolitik und Entwicklung, ihr Hintergrund als Fachinformatikerin liefert dort das notwendige Know-How.